Zum DDR Schulwesen zählten schon ab 1950, seit den 1960er-Jahren vermehrt Schulen und Klassen für Kinder und Jugendliche mit „hohen Leistungen und besonderen Begabungen“. Das entsprach gesellschaftlichen, später vor allem auch ökonomischen Interesselagen, nämlich den „besonderen Erfordernissen der Nachwuchsentwicklung“ und Begabtenförderung (§ 18, Bildungsgesetz 1965). Bereits 1953/54 waren nach sowjetischem Vorbild besondere Schulen für sportlich talentierte Kinder, die „Kinder- und Jugendsportschulen“ (KJS) eingerichtet worden. Sie verbanden Unterricht und Training in einer festgelegten zeitlichen Ordnung, mit modifizierten Lehrplänen und mit politisch-ideologischer Erziehung. Diese Schulen arbeiteten ganztägig und waren materiell deutlich besser ausgestattet als die üblichen allgemeinbildenden Schulen; teilweise besaßen sie Internatseinrichtungen. Schon in den 1950er-Jahren, spätestens mit Beginn des Schuljahres 1952/53, waren an einigen Oberschulen spezielle Sprachklassen, sogenannte R-Klassen eingerichtet worden, die einen erweiterten Russischunterricht boten; eine Spezialschule für Fremdsprachen gab es später in Berlin. Ebenfalls schon in den 1950er-Jahren wurde eine außerschulische Musikförderung für Begabte eingerichtet, die Volksmusikschulen, ab 1961 als Musikschulen, die besondere Angebote zur frühmusikalischen Förderung von interessierten und musikalisch talentierten Kindern machten. Ende der 1950er-Jahre wurden an ausgewählten Schulen zudem musikalische „Spezialklassen“ eingerichtet, die zum Abitur führten und der Vorbereitung auf ein Musikstudium oder die Ausbildung als Berufsmusiker*in dienten. Ab 1962 konnten musikalisch besonders (leistungs-)befähigte und überdurchschnittlich begabte Schüler*innen nach bestandener mehrtägiger Eignungsprüfung ab der 6. Klassenstufe in einer der vier „Spezialschulen für Musik“ (Berlin, Dresden, Weimar, Halle) Aufnahme finden. Weiterhin gab es seit der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre Spezialschulen mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Prägung für die 9. bis 12. Klassenstufe. Zum Ende der DDR bestanden insgesamt 11 Spezialschulen, etwa knapp 10 % aller Abiturient*innen kamen von diesen Schulen (vgl. Schreier, 1996, S. 292). Auch wenn einrzuäumen ist, dass von diesen Schulen keine großen Anregungen für Unterrichtsreformen ausgingen, scheinen Auswahl und individuelle bzw. exklusive Förderung der Begabten, gemessen an Studienerfolgen und überproportional oft erfolgender Promotion, doch erfolgreich gewesen zu sein (vgl. Geißler, 2012, S. 304).
Literatur
Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem (1965). (Abruf 22.04.2024: https://ghdi.ghi-dc.org/sub_do...).
Geißler, G. (2022): Spezialschulen und Spezialklassen in der DDR. Ein Überblick. In: Fleischhauer, T./Müller, C. (Hrsg.): Die Jenaer ›Spezi‹. Von der Spezialschule (1963) zum Carl-Zeiss-Gymnasium Jena (2021). Jena: DominoPlan, S. 56-65.
Huschner, A. (1997): Fremdsprachliche Spezialklassen als Strukturmerkmal des DDR-Schulsystems (1967/68 bis 1989/90). In: Tenorth, H.-E. (Hrsg.): Kindheit, Jugend und Bildungsarbeit im Wandel. Ergebnisse der Transformationsforschung. Weinheim: Beltz, S. 203–225.
Lessing, W. (2017): Erfahrungsraum Spezialschule. Rekonstruktion eines musikpädagogischen Modells. Bielefeld: transcript.
Schreier, G. (1996): Förderung und Auslese im Einheitsschulsystem: Debatten und Weichenstellungen in der SBZ/DDR 1946 bis 1989. Weimar: Böhlau.
Wiese, R. (2012): Kaderschmieden des "Sportwunderlandes". Die Kinder- und Jugendsportschulen der DDR. Hildesheim: Arete.