Polytechnischer Unterricht

Der polytechnische Unterricht stellte eines der prägenden Merkmale des DDR-Bildungssystems nach 1959 dar. Er bezeichnet eine Konzeption von Schule und Unterricht, die eng mit der marxistischen-leninistischen Theorie- und Politikentwicklung verbunden war. Bereits Marx mahnte eine stärkere Verzahnung von Schule und Arbeit an und sprach sich für eine vielseitige (‚poly-‘) Vorbereitung für alle Bereiche der Arbeitswelt (‚-technisch‘) aus. Nicht nur die Eigentumsfrage sollte adressiert werden, sondern auch die wissensbezogene Beherrschung von Produktionsmitteln sollte dabei ermöglicht werden. In der Sowjetunion wurden Ansätze solchen Unterrichts besonders nach dem Tod Stalins 1953 erprobt. Hauptspannung bei der Einführung des polytechnischen Unterrichts – auch in der DDR – blieb das Verhältnis zur geerbten Fächerstruktur der modernen Schule. Programmatisch beanspruchte die Polytechnik nämlich nicht lediglich als Schulfach berücksichtigt zu werden. Vielmehr sollte das Polytechnische zum Prinzip des schulischen Curriculums insgesamt gemacht werden und somit Fragen der Arbeitssozialisation und Wertebildung, später auch der „Bildung der sozialistischen Persönlichkeit“ tangieren. Der polytechnische Gedanke bildete auch die Grundlage für die Einführung der Polytechnischen Oberschule als verpflichtende, einheitliche, die Primar- und Sekundarstufe I umfassende Institution im Jahre 1965.

Literatur

Tietze, A. (2012): Die theoretische Aneignung der Produktionsmittel. Gegenstand, Struktur und gesellschaftstheoretische Begründung der polytechnischen Bildung in der DDR. Frankfurt a.M.: Lang.