Die Pädagogischen Kongresse der DDR waren ein wichtiges Format für die fachpolitische Auseinandersetzung, damit auch ein zentrales Instrument der politischen Steuerung des Bildungswesens der DDR (siehe auch Volksbildungswesen). Auch in anderen Fachrichtungen, wie Philosophie, Soziologie, Geschichtswissenschaften u.a. wurden ähnliche Kongresse abgehalten. Der I. bis IV. Pädagogische Kongress fanden noch vor der Gründung der DDR sowie jährlich statt und wurden durch die von der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) eingerichtete Zentralverwaltung für Volksbildung organisiert. Nach der Staatsgründung, ab dem 01. Januar 1950, wurden die insgesamt fünf weiteren – nun nicht mehr jährlich, sondern in weitaus größeren Zeitabständen stattfindenden – Kongresse (V. in 1956, VI. in 1961, VII. in 1970, VIII. in 1978 und schließlich IX. in 1989) durch das neu gebildete Ministerium für Volksbildung unter Einbindung verschiedener Kommissionen des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (ZK der SED) organisiert. Eingeladen waren zumeist Vertreter*innen der verschiedenen fachpolitischen Abteilungen des Ministeriums für Volksbildung sowie des ZK der SED, Wissenschaftler*innen der größten außeruniversitären Institutionen für die wissenschaftliche Pädagogik (-->Pädagogische Leitinstitutionen), aber auch von Universitäten und Hochschulen sowie Vertreter*innen der pädagogischen Praxis, wie Lehrkräfte, Erzieher*innen, Direktor*innen und Schulfunktionäre. Inhaltlich standen jeweils fachpolitisch aktuelle Fragen im Fokus der Auseinandersetzung. Anhand der Programme sind verschiedene bildungspolitische und pädagogische Zielsetzungen abzulesen, so z.B. Vorgaben für die Lehrerbildung, Jugendpolitik, Verbesserung der Verwaltungsarbeit, die theoretische und praktische Ausrichtung an der Sowjetpädagogik (-->Sowjetpädagogik) oder auch die Entwicklung und Durchsetzung des Polytechnischen Unterrichts (-->Polytechnischer Unterricht).
Das Programm der Kongresse bestand aus Vorträgen und Referaten sowie Arbeitsgruppen und sogenannten Rundtischgesprächen. Ergebnisse der Arbeit waren meist Erörterungen, Berichte und v.a. Beschlüsse zur weiteren Ausrichtung der fachpolitischen Arbeit. Dass die Pädagogischen Kongresse ein wichtiges Instrument der Steuerungspolitik waren, zeigt sich einerseits an den Vorgaben für die inhaltlichen Auseinandersetzungen durch Zentralverwaltung bzw. Ministerium für Volksbildung, die meist in einem Bezug zu den folgenden Fünfjahrplänen und realen politischen Problemen standen, andererseits aber auch in der z.T. intensiven Planung, inhaltlichen Vorbereitung und Organisation der Kongresse in Bezug auf Ablauf, Redebeiträge und die Zusammensetzung der Teilnehmenden. Ein besonders eindrückliches Beispiel hierfür ist der IX. und letzte Pädagogische Kongress vom 12. bis 16. Juni 1989, in dessen Vorbereitung ein „Drehbuch“ bzw. Regie- und Zeitplan entwickelt wurde, in denen sogar „Zeitpunkt und Dauer der Beifallsbekundungen“ geplant waren (Kaack 1993, S. 91; siehe auch Akten zum IX. Pädagogischen Kongress im Bundesarchiv, 1989).
Literatur
Akten zu Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Pädagogischen Kongresse (1989): Bundesarchiv, BArch, DR 2/10849.
Baske, S. (1998): Allgemeinbildende Schulen. In: Führ, C. & Furck, C.-L. (Hrsg.): Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. 2, 1945 bis zur Gegenwart. München: Beck, S. 159–201.
Baske, S. & Engelbert, M. (Hrsg.) (1966): Zwei Jahrzehnte Bildungspolitik in der Sowjetzone Deutschlands. Dokumente. Erster Teil 1945 bis 1958. Berlin: Hildebrandt & Stephan.
Kaack, H. (1993): Reform im Wartestand. Die Bildungspolitik der DDR vor der Wende. In: Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 30, S. 89–101.