Die Wortschöpfung bezeichnete die vorgeblich von Karl Marx und Friedrich Engels begründete und von Lenin (und bis 1956 auch von Stalin) und weiteren politisch und weltanschaulich (zeitweilig) akzeptierten Theoretikern der Arbeiterbewegung weiterentwickelte „einzig wissenschaftliche“ (Eichhorn 1969 I) materialistische Lehre und Welterklärung. Sie diente als theoretische Grundlage für den Kampf der Arbeiterklasse bis zum globalen (Marx) oder zunächst nationalen (Lenin) Sieg unter Führung von revolutionären Parteien der Arbeiterklasse, der es dann – so die Überzeugung – erlaubte, einen Sozialismus aufzubauen und anschließend den Kommunismus zu erreichen. Der Marxismus-Leninismus umfasste dem eigenen Verständnis nach den ‚philosophischen' bzw. ‚historischen und dialektischen' Materialismus, die ‚politische Ökonomie' und die Lehre vom ‚wissenschaftlichen Kommunismus'. Der Begriff setzte sich seit den 1920er Jahren in der Sowjetunion für die weltanschauliche Lehre der Kommunistischen Partei (in der Sowjetunion also der KPdSU/Bolschewiki) und weiterer nationaler ‚revolutionärer' Arbeiterparteien bzw. ‚Parteien neuen Typs' als Programm und Ideologie (im Sinne einer weltanschaulichen Lehre) durch. Er diente damit auch der Abgrenzung zu programmatisch und weltanschaulich abweichenden und konkurrierenden Arbeiterparteien. Der Marxismus-Leninismus als Ideologie und Programm nationaler Parteien mit Führungsanspruch in allen gesellschaftlichen Belangen verkürzte und verdichtete die Auffassungen insbesondere von Marx, Engels und Lenin zum weltanschaulichen Dogma ebenso, wie er sich teilweise in Widerspruch zu ihren Werken setzte, gegensätzliche Auffassungen überging oder glättete. Nach der sogenannten Errichtung einer ‚Diktatur des Proletariats' in den Staaten des von der Sowjetunion geführten Blocks avancierte der Marxismus-Leninismus zur herrschenden ‚parteilichen' Weltanschauung. Er durchdrang alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und bildete die weltanschauliche Grundlage der Lehrinhalte in allen Teilen des DDR-Bildungssystems.
Literatur
Eichhorn I. W. & Autor*innenkollektiv (Hrsg.) (1969): Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Soziologie. Berlin: Dietz Verlag, S. 431–441.
Klaus, G. & Buhr, M. (Hrsg.) (1975): Philosophisches Wörterbuch. 2 Bde. 11. Aufl. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts.
Schütz, G. & Autor*innenkollektiv (Hrsg.) (1988): Kleines politisches Wörterbuch. 7. Aufl. Berlin: Dietz Verlag.