Lehrerbildung in der DDR war ein politisches Großprojekt der Regierungspartei (SED) und des Ministeriums für Volksbildung und dabei bis zum Ende der 1980er-Jahre Gegenstand von Expansion und Reformvorhaben. Bildungshistorisch lassen sich grob zwei Phasen erkennen. Ab Mitte der 1940er-Jahre bis weit in die 1950er-Jahre hinein stand die Lehrerbildung im Zeichen einer als demokratisch und antifaschistisch deklarierten Neuausrichtung. Dem durch Entnazifizeriungsmaßnahmen entstandenen Mangel an geeignetem Personal wurde zunächst durch verschiedenen Kurssysteme der sog. ‚Neulehrerausbildung', seit Beginn der 1950er-Jahre dann durch den Aufbau eines differenzierten Ausbildungssystems begegnet. Mit einer Serie von SED-Beschlüssen wurde der ursprünglich ambitionierte Plan, der ein Universitätsstudium für alle Lehrer vorgesehen und schon in den 1940er-Jahren zur Einrichtung von Pädagogischen Fakultäten geführt hatte, aufgegeben. Stattdessen wurde die Lehrerausbildung entsprechend sowjetischen Vorbilds am Stufensystem der Bildungseinrichtungen ausgerichtet. Es wurden gesonderte Ausbildungseinrichtungen und Kurrikula für Lehrkräfte der achtklassigen Grundschule geschaffen. Unter der Vorbedingung des Abiturs wurden nur die für die Oberschule mit den Klassen 9 bis 12 vorgesehenen Personen an Hochschulen und Universitäten ausgebildet.
Die zweite Phase der Lehrerbildung begann Ende der 1950er-Jahre mit Verabschiedung des Schulgesetzes (1959). Sie zog sich über die Konzeption des polytechnischen Unterrichts und der polytechnischen Schule und das „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem“ 1965 bis in die 1980er-Jahre (vgl. Schmidt, 1986). Die nicht an das Abitur, aber einen guten POS-Abschluss (siehe auch Polytechnische Oberschule, Polytechnischer Unterricht) gebundene Ausbildung der weithin weiblichen Lehrpersonen für die Unterstufe der POS bleibt wie schon in den 1950er Jahren Instituten für Lehrerbildung (Ifl) übertragen. Ähnlich wie die der Unterstufenlehrer strukturiert war die an Pädagogischen Schulen erfolgende dreijährige Ausbildung des durchweg weiblichen Personals der Kindergärten. Markant war die im Übergang zur den 1970er-Jahren vorgenommen Veränderungen in der Ausbildung von Lehrpersonen für die Klassen 5 bis 10 der POS. Die dafür ab 1953 eingerichteten Pädagogischen Institute (PI) wurden in mit Promotionsrecht versehene Pädagogische Hochschulen (PH) umgewandelt. Die PH bilden in etwa 30 standortbezogen angebotenen Kombinationen von zwei Unterrichtsfächern ‚Diplomlehrer' mit Lehrberechtigung für die Klassen 5 bis 12 der POS und EOS aus, wobei ein Einsatz in der Abiturstufe in der Regel erst nach Bewährung in der POS erfolgte. Die Studiendauer umfasst acht Semester. Die bisher fünfjährige universitäre Ausbildung von Lehrern lief zugunsten des Diplomlehrermodells aus. Im Jahre 1982 wurde das Diplomlehrer-Studium von vier auf fünf Jahre erweitert. Die Ausbildung erfolgte weiterhin in zwei Fächern, es entfiel jedoch die bisherige Unterscheidung von Haupt- und Nebenfach. Größeres Gewicht erhielt mit dem ‚großen Schulpraktikum' die bislang auf das letzte Semester beschränkte praktische Ausbildung. Diese setzt nun bereits im zweiten Studienjahr mit Unterrichtsbeobachtungen ein; es folgen ‚schulpraktische Übungen'. Auch die pädagogisch-psychologischen Studienanteile wurden erweitert. Eine systematische Einführung in das Schulrecht fand hingegen nicht statt. Veranlasst, sich in diesem sachkundig zu machen, waren die Absolvent*innen erst während der späteren Berufstätigkeit und dann oft im Konfliktfall.
Besonders in den Einrichtungen der Lehrerbildung, hier im Anschluss an institutionelle Tradition, war die zu Beginn der 1950er-Jahre an allen Universitäten und Hochschulen eingeführte Zusammenfassung der Studierenden in feststehenden, je 20 bis 30 Personen umfassenden Seminargruppen ausgeprägt. Diese wurden jeweils von einer Lehrperson speziell betreut. Wie auch immer erlebt, war die Seminargruppe zu Studienbeginn eine wichtige Orientierungsinstanz, im weiteren Verlauf konnte sie zu einem Raum vielfältiger sozialer Beziehungen, von Hilfeleistungen, solidarischen Verhaltensweisen werden. Zugleich aber war sie auch ein Raum von hierarchisierten Erziehungs- und Kontrollbemühungen.
Literatur
Geißler, G. (2023): Schulgeschichte in Deutschland. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Frankfurt a.M.: Lang.
Richter, W. (2018): Die Lehrerbildung in der DDR. Eine Sammlung der wichtigsten Dokumente und gesetzlichen Bestimmungen für die Ausbildung der Lehrer, Erzieher und Kindergärtnerinnen. 2. Aufl. Berlin: Volk und Wissen. (Abruf 24.02.2024: https://www.db-thueringen.de/r...).
Schmidt, G. (1986): Lehrerbildung in der DDR: Aspekte einer Umgestaltung in den achtziger Jahren. In: Dilger, B./ Kuebart, F./ Schaefer, H.-P. (Hrsg.): Vergleichende Bildungsforschung. DDR, Osteuropa und interkulturelle Perspektiven. Festschrift für Oskar Anweiler zum 60. Geburtstag. Berlin: Berlin-Verlag Arno Spitz, S. 277–289.
Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem (1965). (Abruf 22.04.2024: https://ghdi.ghi-dc.org/sub_do...).