Didaktische Grundprinzipien

Als didaktische Grundprinzipien oder Grundprinzipien des Unterrichts wurden in der DDR eine Anzahl von didaktischen Vorgaben bezeichnet, die die Unterrichtsgestaltung in der allgemeinbildenden Schule betrafen. Bis heute finden sich in erziehungswissenschaftlichen und bildungspolitischen Diskursen über die DDR starke Bezüge zu einigen dieser Prinzipien.

Mit der „Verordnung über die Unterrichtsstunde als Grundform der Schularbeit, die Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Unterrichtsstunde und die Kontrolle und Beurteilung der Kenntnisse der Schüler“ (MfV, 1950) wurden die didiaktischen Prinzipien während einer bis Juni 1953 andauernden Sowjetisierungsphase ministeriell festgelegt. Diese Verordnung hatte einen Beschluss über die „Lehrpläne und die Schulordnung der Grund- und Mittelschule“ des ZK der KPdSU von 1932 zum Vorbild und orientierte sich am Schulunterricht stalinistischer Prägung (vgl. Anweiler & Meyer, 1961, S. 33-37) ebenso wie an vergleichsweise konservativen Vorstellungen aus deutscher Schultradition. Die Prinzipien waren zumeist auf Synthesen hin dimensioniert. So wurde z.B.: mit dem Prinzip des „systematischen Charakters des Unterrichts“ eine Ausrichtung der Inhalte an aktuelle Erkenntnissen der jeweiligen Fachwissenschaften verbindlich vorgeschrieben, gleichzeitig aber der wissenschaftlichen Grundlage parteiliche Funktion und Dimension zugewiesen: „Die Verbindung der Wissenschaftlichkeit des Unterrichts mit der Erziehung der Schüler zu fortschrittlichen Demokraten (…) im Kampf um den Frieden (…), die Einheit Deutschlands (…), die Umgestaltung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“. Dieser Duktus richtete sich vorrangig gegen alle didaktischen und methodischen Ansätze, die in der Nähe sog. „bürgerlicher Schulreformer“ (MfV, 1950, II) verortet und als „reaktionär“ und „imperialistisch“, verlangte neben vermehrter Strukturierung und Standardisierung in der Unterrichtsgestaltung auch „Faßlichkeit“, wechselnder Einsatz von Unterrichtsmethoden und Bezugnahmen auf die jeweiligen Bedürfnisse der Schüler*innen.

In der Schulordnung von 1959 (MfV, 1959) und den Gesetzesvorgaben zum einheitlichen sozialistischen Bildungssystem eher fragmentarisch enthalten, blieben diese Prinzipien auch weiterhin kennzeichnend für Theorie und weithin auch die Praxis in der Schule. So wurden noch 1987 im Pädagogischen Wörterbuch der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften (APW) z.B.: „die Einheit von Wissenschaftlichkeit und Parteilichkeit“, die „Verbindung von Theorie und Praxis“, „das Prinzip des individuellen Eingehens auf die Persönlichkeit des Schülers auf der Grundlage der Arbeit mit dem Schülerkollektiv“ und das „Prinzip der führenden Rolle des Lehrers und der Selbstätigkeit der Lernenden“ als „aus den Zielen und Gesetzmäßigkeiten des Unterrichts“ abgeleitete Kategorien (Laabs et al., 1987, S. 84-85) definiert. Das oft auf die ‚führenden Rolle des Lehrers‘ begrenzte Prinzip entwickelte sich zu einem zentralen Terminus in Lehrerbildung und Didaktik. Wie die anderen Prinzipien wurde es einerseits auf fachliche, andererseits auch gesellschaftspolitische Anforderungen bezogen. Es war über die Jahre der DDR hinweg prägend für die Arbeit im Unterricht und in der Schule überhaupt

Literatur

Anweiler, O.&Meyer, K. (Hrsg.) (1961): Die sowjetische Bildungspolitik seit 1917. Dokumente und Texte. Heidelberg: Quelle & Meyer.

Laabs, H. J./ Dietrich, G./ Drefenstedt, E./ Günther, K.-H ./ Heidrich, T./ Herrmann, A./ Kienitz, W./ Kühn, H./ Naumann, W./ Pruß, W./ Sonnschein-Werner, C./ Uhlig, G. (Hrsg.) (1987): Pädagogisches Wörterbuch. Berlin: Volk und Wissen.

Ministerium für Volksbildung (Hrsg.) (1950): Verordnung über die Unterrichtsstunde als Grundform der Schularbeit, die Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Unterrichtsstunde und die Kontrolle und Beurteilung der Kenntnisse der Schüler. Berlin: Ders.

Ministerium für Volksbildung (Hrsg.) (1959): Verordnung über die Sicherung einer festen Ordnung an den allgemeinbildenden Schulen – Schulordnung, 12.11.1959. In: Günther, K.-H. (Hrsg.) (1969): Dokumente zur Geschichte des Schulwesens in der Deutschen Demokratischen Republik. Teil 2: 1956–1967/68. Berlin: Volk und Wissen, S. 303.